Start Politik Azubi-Tickets braucht zunächst finanzielle Grundlage (ST)

Azubi-Tickets braucht zunächst finanzielle Grundlage (ST)

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Aus gegebenem Anlass widerspricht Sachsen-Anhalts Verkehrsminister der Aussage ausdrücklich, er habe keinen Vorschlag zur Einführung eines Azubi-Tickets vorgelegt. Vielmehr hat er den Spitzen der Regierungsfraktionen bereits Anfang März dieses Jahres einen ausführlichen Verfahrensvorschlag unterbreitet.

Eine Reaktion darauf ist bisher ausgeblieben.

„Es geht nicht um die Frage, ob und wie wir ein Azubi-Ticket einführen, sondern darum, ab wann und wer es bezahlt“, sagte Webel heute in Magdeburg.

Der Minister hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass die Einführung eines Azubi-Tickets fachlich möglich ist. Dabei hat er aber ebenso klar zum Ausdruck gebracht, dass eine solche Lösung nicht zum Nulltarif zu haben sei, sondern einen zweistelligen Millionenbetrag kosten dürfte. Dieser könne jedoch – der Logik der Aufgabenstellung als sozial-/ arbeitsmarktpolitische Maßnahme folgend – nicht aus dem Haushalt des Verkehrsressorts erfolgen.

Zu Ihrer Information der Wortlaut des fachlichen Verfahrensvorschlags von Minister Webel zur Einführung eines Azubi-Tickets in Sachsen-Anhalt.

Das Ticket wäre für alle Fahrten der Azubis nutzbar, nicht nur für die Berufsschulwege.

Die beschriebene Variante lehnt sich an die Vorgehensweise im Bundesland Thüringen an. Anzumerken dabei ist, dass Thüringen einige Jahre zeitlichen Vorlauf hat, so dass für den einzigen dortigen Verkehrsverbund (VMT) eine Kalkulation möglich war und nur die restlichen Landkreise mit einer Richtlinie (10 € je Azubi-Einwohner) „geködert“ werden mussten.

Es wurde für Sachsen-Anhalt ein Azubi-Ticket kalkuliert, welches im gesamten SPNV des Bundeslandes gültig wäre. Für die Kalkulation im SPNV wurden die Vertriebsdaten der SPNV-Unternehmen DB Regio AG und Abellio Rail Mitteldeutschland GmbH ausgewertet. Hierbei wurde ein Eigenanteil (Kaufpreis des Tickets für die Azubis) in Höhe von 65 € berücksichtigt. Der Eigenanteil wurde so gewählt, dass er die einschlägig bereits bestehenden Tickets auf kommunaler Ebene nicht zu stark unterläuft und damit das Konfliktpotential mit den regionalen Verkehrsunternehmen begrenzt.

Unter Berücksichtigung des o.g. Eigenanteils wurde aus den Vertriebsdaten des SPNV die durchschnittliche Reiseweite der heutigen Verkäufe von Zeitkarten der Auszubildenden ermittelt. Hieraus ergibt sich ein durchschnittlicher gewichteter Fahrpreis im Monat je Auszubildenden.

Zusätzlich wäre der Freizeitverkehr der Auszubildenden abseits ihrer Zeitkarte zu berücksichtigen, welcher gegenüber den bisherigen räumlich begrenzten Tarifangeboten einen erheblichen Mehrwert darstellen würde. Hierfür wurde der sich aus der Bedarfsanalyse in Thüringen ergebende Betrag angesetzt. In Summe ergibt dies den durchschnittlichen Gesamtpreis je Auszubildenden. Die tatsächlichen Kosten des Tickets liegen auf Basis dieser Berechnungen bei ca. 180 € im Monat, der Differenzbetrag wäre dann als Bruttofahrgeldanteil vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration oder dem Ministerium für Bildung für den SPNV auszugleichen.

Die Anerkennung des Tickets im ÖSPV könnte durch eine Förderrichtlinie erfolgen. Ausgehend vom Vorgehen in Thüringen erhielte jeder teilnehmende Landkreis bzw. kreisfreie Stadt pro im jeweiligen Landkreis/der kreisfreien Stadt wohnenden Auszubildenden (Wohnortprinzip) einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 10 € je Monat. Auch diese Förderung wäre vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration oder dem Ministerium für Bildung zu finanzieren. Der Verkauf des Azubi – Tickets könnte über die Abo-Center der SPNV-Unternehmen erfolgen.

Die Kalkulation ergab einen notwendigen Finanzierungsbedarf in Höhe von etwa 10 bis 13 Mio. € pro Jahr. Dieser Abschätzung liegt die Annahme zugrunde, dass das Azubi-Ticket von 5 % bis maximal 10 % der Auszubildenden in Sachsen-Anhalt genutzt wird.

Bei höherer Nachfrage stiege der Finanzierungsbedarf für den SPNV-Anteil entsprechend linear an, so dass bei einer Nutzerquote von 20 % der Finanzierungsbedarf auf über 20 Mio. Euro steigen würde. Der an die Landkreise/kreisfreien Städte zu zahlende Ausgleichsbetrag läge dabei fix bei rund 6 Mio. Euro.

In Sachsen ist ab 1.8.2019 die Einführung eines Azubi-Tickets vorgesehen. Man erwartet dort eine Nutzerquote von 30%. In dem Fall wären – übertragen auf Sachsen-Anhalt – über 26 Mio. Euro zusätzlich zu finanzieren.

Sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind, wäre eine Umsetzung im SPNV zum 01.01.2020 fachlich möglich.

Realisierungsvorteile:

–           zeitnah realisierbar

–           Marktforschung nach Einführung nur im SPNV erforderlich

–           Integration des ÖSPV auch schrittweise möglich

–           Ausgleich für ÖSPV haushalterisch gut kalkulierbar

–           wirtschaftliche Auswirkungen im ÖSPV jedem VU und dessen AT abschätzbar

–           überschaubarer vertrieblicher Aufwand

–           Kalkulation durch SPNV-VU für die Umsetzung ausreichend

–           Einnahmenaufteilung im SPNV unproblematisch, da das Land selbst

einnahmenberechtigt ist

 

 

Realisierungsnachteile:

 

–           Ausgleich des ÖSPV erfolgte nach der Richtlinie unabhängig von der tatsächlichen Nutzung; bei geringer Nutzung erhielten die Landkreise also insoweit zu viel Geld

–           Mindereinnahmen in den Verbundtarifen wahrscheinlich, aber aktuell nicht kalkulierbar. Dies kann zu kleineren Verschiebungen im Zuge der Einnahmenaufteilung der Verbundeinnahmen führen. Konkrete Auswirkungen sind aktuell nicht abschätzbar, jedoch ist mit kritischer Diskussion in den Verbünden zu rechnen.

–           Bei Anerkennung im ÖSPV sind für die ÖSPV-VU die Auswirkungen auf §§ 8 und 9 ÖPNVG (Zuweisungen an die Landkreise wegen Schülerverkehr sowie pauschale Zuweisungen an die Landkreise) sowie § 231 SGB IX (Schwerbehindertenausgleich) zu berücksichtigen. Die Unternehmen fordern, dass hier keine Auswirkungen „durchschlagen“ bzw. diese ausgeglichen werden.

 

Fachlich wäre die Einführung vergleichsweise schnell möglich.

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