Übernachtungszahl wächst stark – aber erschwerte Vergleichbarkeit mit Vorjahren, denn Statistik weist 45.000 zusätzliche Schlafgelegenheiten aus.
Die Tourismusbranche in Mecklenburg-Vorpommern hat in den ersten acht Monaten des Jahres das hohe Niveau des Vorjahres bestätigt. Dabei profitierte sie unter anderem von guten Vorbuchungszahlen, überwiegend freundlichem Wetter und einem im Vergleich mit 2018 etwas längeren Sommerferien-Korridor. Laut aktuell veröffentlichten Zahlen des Statistischen Amtes verbrachten zwischen Januar und Juni dieses Jahres mehr als 3,6 Millionen Gäste etwa 13,5 Millionen Übernachtungen in den größeren gewerblichen Tourismusbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern. Dazu Harry Glawe, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern: „Die Zahlen lassen auf ein gutes erstes Halbjahr mit Wachstum schließen. Das macht Hoffnung für einen insgesamt positiven weiteren Jahresverlauf. Mehr Übernachtungen und mehr Ankünfte spiegeln sich auch in der Statistik wider. Trotz des eher wechselvollen Wetters waren vielerorts Hotels, Pensionen, Ferienhäuser und Campingplätze gut ausgelastet. Einmal mehr wird deutlich: Sowohl die Ostseeküste als auch das Binnenland sind gefragte Reiseregionen. Die Nachfrage wächst. Als Herausforderung für die Branche stellen sich verschärft der Mangel an Fach- und Arbeitskräften und weiter die Erreichbarkeit dar.“
Der Präsident des Landestourismusverbandes (TMV) Wolfgang Waldmüller ergänzte: „Vom Supersommer 2018 ging eine gewisse Sogwirkung aus. Vielen Gästen des Landes blieb er positiv in Erinnerung, so dass Mecklenburg-Vorpommern auch 2019 als Reiseziel gesetzt galt.“ Gleichzeitig warnte Waldmüller vor zu großer Euphorie über die erheblich gestiegenen Gäste- und Übernachtungszahlen. Von Januar bis Juni wurden zwischen Ostsee und Seenplatte rund 3,63 Millionen Ankünfte (+10,3 Prozent) und 13,5 Millionen Übernachtungen (+14,5 Prozent, entspricht rund 1,7 Millionen Übernachtungen mehr als im Vorjahreszeitraum) gemeldet. „Erst im nächsten Jahr können wir die Ergebnisse richtig einordnen, denn derzeit fehlt uns aufgrund von Verschiebungen in der Statistik die Vergleichsgrundlage.“
Waldmüller verwies in diesem Zusammenhang auf die etwa 500 Betriebe mit insgesamt 45.000 zusätzlichen Schlafgelegenheiten, die seit August 2018 durch eine erweiterte Abfrage des Statistischen Amtes hinzugekommen sind. Auf Grundlage eines Gerichtsurteils in Schleswig-Holstein müssen jetzt auch Quartiere erfasst werden, die zusammen mit anderen jeweils eine räumliche, wirtschaftliche und organisatorische Einheit bilden. Dies betrifft insbesondere Ferienwohnungsanlagen. „Anschaulich wird dies am Beispiel Prora. Die 150 Ferienwohnungen im Komplex ‚Prora Solitaire‘ gehören einer Vielzahl unterschiedlicher Investoren, werden aber über den Anbieter Novasol vermarktet und bilden so eine Einheit. Auch diese Unterkünfte werden jetzt erfasst, obwohl der einzelne Investor weniger als zehn Schlafgelegenheiten bieten mag. Im Moment erschwert dies die Betrachtung, mittelfristig aber erhalten wir ein schärferes Bild der realen Situation.“
Im Rahmen des Tourismusbarometers des Ostdeutschen Sparkassenverbandes am 13. September 2019 soll eine Modellrechnung vorgestellt werden, in der die neu erfassten Betriebe aus der Betrachtung genommen werden, um die Vergleichbarkeit mit den Zahlen des Vorjahres zu gewährleisten.
Zum Vergleich: In Schleswig-Holstein ist laut einer solchen Modellrechnung der Großteil des Übernachtungswachstums im Jahr 2018 auf die erweiterte Statistik zurückzuführen. Von insgesamt 15,3 Prozent Zuwachs blieben nach modellhafter Bereinigung der zusätzlichen Betten eine Steigerung der Übernachtungszahlen um 3,5 Prozent übrig. Für Mecklenburg-Vorpommern sind ähnliche Verschiebungen zu erwarten.
Sommersaison 2019: Drei Viertel aller Unterkünfte sehr gut gebucht – Fachkräftemangel deutlich erkennbar
Unabhängig von den Anpassungen der Statistik ist die Sommersaison im Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich verlaufen. Einer aktuellen Umfrage des Landestourismusverbandes unter rund 300 Quartiersanbietern zufolge waren drei Viertel der Unterkünfte sehr gut gebucht: Rund 40 Prozent der Befragten gaben an, im Zeitraum von Ende Juni bis Mitte August eine Auslastung der Zimmer beziehungsweise Stellplätze von 90 Prozent und mehr erreicht zu haben. Etwa 35 Prozent schafften eine Auslastung zwischen 75 und 90 Prozent. An der Ostseeküste, auf den Inseln und Halbinseln war die Auslastung dabei am höchsten. Aber auch die Betriebe aus der Mecklenburgischen Seenplatte und der Mecklenburgischen Schweiz meldeten hohe Werte. Leicht abgesetzt stehen das Vorpommersche Festland und die Region Mecklenburg-Schwerin.
„Ziel ist es, unser Land weiter als eine der beliebtesten Urlaubs- und Reiseregionen in Deutschland zu entwickeln. Künftig stehen noch mehr qualitativ hochwertige und nachhaltige Angebote im Vordergrund. Wir haben ein hohes touristisches Niveau in Bezug auf Gäste und Übernachtungen im Land. Mit den verbesserten Erhebungen des Statistischen Amtes ist ein noch genauerer Blick auf die touristische Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern möglich“, machte Wirtschaftsminister Glawe deutlich.
Der TMV-Umfrage zufolge lag die sommerliche Auslastung bis Mitte August insgesamt etwa auf dem Niveau des Vorjahres: Etwas mehr als die Hälfte der Befragten meldete eine gleich hohe Auslastung, jeweils etwa 20 Prozent der Unternehmen gaben an, etwas besser bzw. schlechter als im gleichen Zeitraum 2018 gebucht gewesen zu sein. Etwas pessimistischer sind die Erwartungen für die zweite Augusthälfte, in der sich lediglich die Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern noch in den Ferien befinden. Jeder vierte Betrieb rechnet hier mit etwas schlechteren Belegungen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Darüber hinaus gab die Befragung auch Aufschluss über die Probleme der Branche: Größte Kritikpunkte der Gäste sind demnach die Verkehrssituation und die Erreichbarkeit. Häufig im Fokus stehen dabei die Baustellen auf Autobahnen und Bundesstraßen sowie der Zustand der Radwege. Darüber hinaus wurde laut den Befragten gästeseitig häufiger die Qualität der Gastronomie bemängelt. „Service und Qualität sind Daueraufgaben. Es gibt immer etwas, das besser gemacht werden kann. Hier ist besonders das Feedback unserer Gäste von enormer Bedeutung. Auch in Zeiten von Internet und sozialen Medien ist der direkte und persönliche Kontakt zu den Gästen immer die direkte und beste Erfahrung. Wir brauchen weiter viele Urlauber, die unbedingt Urlaub in unserem Land machen wollen. Dafür müssen wir immer wieder gute Gründe liefern. Das ist eine herausfordernde Aufgabe der gesamten Branche“, erläuterte Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe.
Auch der Fachkräftemangel wurde von den Betrieben vergleichsweise häufig als Problem genannt. Danach hat mindestens jedes fünfte Unternehmen im Nordosten erhebliche Probleme, den Personalbedarf während der Hauptsaison komplett zu decken.
Gemischtes Fazit von Charterunternehmen, Fahrgastschiffen und Kanuverleihern
Wassertouristische Anbieter profitierten einerseits von den Vorbuchungen durch den Jahrhundertsommer 2018, zogen andererseits jedoch eine differenzierte Bilanz des Sommers. Der Hausbootanbieter Kuhnle Tours spürt die Auswirkungen durch die Sperrung der Schleuse Zaaren deutlich. „Bei den Gastliegern, das heißt Eignerbooten oder Booten fremder Charterfirmen in unserem Hafen an der Müritz, rechnen wir mit einem Rückgang von 20 bis 30 Prozent durch die Sperrung der Schleuse Zaaren“, sagte Dagmar Rockel-Kuhnle, Sprecherin des Unternehmens. Der Anbieter reagierte auf die Sperrung, indem er eine Ausweichbasis in Priepert öffnete, damit Gäste weiterhin so genannte One-Ways buchen können, bei denen sie ihr Boot an einem anderen Hafen abgeben können als dem Starthafen. Dass die für den 1. August geplante Öffnung der Schleuse auf den Winter verschoben wurde, sieht Rockel-Kuhnle kritisch: „Unsere Reservierung hatte bereits viel Arbeit, um Kunden umzubuchen und vom Stornieren abzuhalten. Die Auswirkungen des Imageschadens werden sich in den nächsten Jahren noch bemerkbar machen.“
Das Unternehmen „Yachtcharter Schulz“ mit Sitz in der Mecklenburgischen Seenplatte ist mit dem Verlauf der Saison zufrieden und konnte bei den Buchungen an das Vorjahr anknüpfen. Gleichzeitig verwies Geschäftsführer Steffen Schulz auf die Zusatzkosten, die durch die Schleusensperrung in Zaaren verursacht wurden: „Wir müssen die Boote nun mit einem Tieflader aus Brandenburg holen, um sie ins Winterlager zu bringen, da der Weg übers Wasser nicht möglich ist“, sagte er. Zudem deutete er auf den wetterbedingten niedrigen Wasserstand hin, der Hausbootfahrern das Ansteuern von Häfen erschwert beziehungsweise unmöglich macht.
„Im Vergleich zu früheren Jahren fehlen uns per August 40 Zentimeter. Boote mit mehr als einem Meter Tiefgang müssen wir abweisen. Wir hatten dieses Jahr 80 Prozent weniger Tagesgäste und demzufolge auch Einbrüche im gastronomischen Geschäft“, sagte Rainer Steuck, Inhaber des Yachthafens Maribell mit 120 Liegeplätzen in der Mecklenburgischen Seenplatte. Die „Weiße Flotte Müritz“ ist zufrieden mit dem Saisonverlauf. Allerdings berichtet auch Systemmanager Markus Rokvic von Problemen, die durch die niedrigen Wasserstände hervorgerufen wurden: „Wir haben einige Routenverläufe anpassen müssen, weil zum Beispiel der Bolter Kanal nur noch mit wenigen unserer Schiffe passierbar ist oder der Jabelsche Waldsee momentan gar nicht mehr angesteuert werden kann. Auch unser Flaggschiff, das Salon-Dampfschiff ‚Europa‘, kann die Eldenburger Reeck nicht mehr anfahren.“
Kanubetreiber bilanzieren eine insgesamt starke Saison, wenngleich es auch hier streckenweise – unter anderem entlang der Warnow – Sperrungen aufgrund des niedrigen Wasserstandes gab.
Open Airs und Volksfeste stark nachgefragt – Interesse an Museen und Spaßbädern gestiegen
Die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern zogen eine positive Halbzeitbilanz für den Festspielsommer 2019. Mit knapp 40.000 Besuchern liegt das Festival auf dem hohen Niveau der Vorjahre. 44 Vorstellungen waren komplett ausverkauft. „Wir freuen uns über die großartige Auslastung unserer Veranstaltungen“, resümiert Festspiel-Intendant Dr. Markus Fein die erste Hälfte der Sommersaison.
Die Schlossfestspiele Schwerin verzeichneten mit etwa 30.200 Besuchern einen deutlichen Besucheranstieg im Vergleich zum letzten Jahr. Zur romantischen Komödie „Cyrano de Bergerac“ im Schlossinnenhof kamen mehr als 8.400 Zuschauer. Die 20 Vorstellungen des Musicals „Anatevka“ auf dem Alten Garten wurden von knapp 21.800 Interessierten bestaunt. Im vergangenen Sommer lockten die Oper „Tosca“ und das Schauspiel „Dracula“ rund 24.000 Gäste.
Spaßbäder und Erlebnismuseen ziehen überwiegend positive Bilanzen. Im Wismarer Spaßbad Wonnemar schlug der Juli mit 45.000 Besuchern zu Buche: ein deutlich besseres Ergebnis als im Vorjahresmonat, in dem sich etwa 31.000 Gäste Abkühlung zwischen Wasserrutsche und Whirlpool verschafften. Das Deutsche Meeresmuseum meldet für seine vier Standorte insgesamt ein Besucherplus von neun Prozent für den Zeitraum Januar bis Ende Juli 2019 im Vergleich zum Vorjahr. Das Ozeaneum konnte am 31. Juli 2019 mit mehr als 8.100 Gästen einen neuen Tagesbesucherrekord vermelden. „In diesem Jahr haben wir schon viel Aufmerksamkeit und positives Gästefeedback mit unserem neuen Sonderthema ‚Kein Lärm Meer‘ erzielt. Das abwechslungsreiche Wetter kommt uns dabei zugute“, sagt Andreas Tanschus, Direktor des Deutschen Meeresmuseums.
Auch die Vorpommersche Landesbühne, die in der Sommersaison mit insgesamt 200 Theatervorstellungen, darunter 80 Freiluftaufführungen, aufwartet, zieht eine positive Sommerbilanz. „Wir rechnen damit, dass die Zuschauerzahlen am Saisonende wieder bei 35.000 bis 40.000 Besuchern liegen werden und damit auf Vorjahresniveau. Großen Anklang finden nach wie vor die ´Vineta-Festspiele´ auf der Insel Usedom. Zudem erwarten wir einen Publikumsrekord für das Stück ‚Die Wikinger kommen‘ im Barther Theater Garten.“
Im Rostocker Zoo zeigt man sich ebenfalls zufrieden: „Insbesondere das neue Polarium mit Eisbären und Pinguinen, der neu aufgebaute KNAX-Kletterspielplatz sowie der Nachwuchs bei den Orang-Utans im Darwineum werden bei den Besuchern stark nachgefragt. Die Aktivitäten im Jubiläumsjahr, in dem wir die 120 Jahre Rostocker Zoo mit unseren Partnern gebührend feiern, sowie die erneute Anerkennung zum besten Zoo Europas in der Kategorie II wirken sich positiv auf die derzeitige Entwicklung aus“, sagte Sprecher René Gottschalk. Auch der Schweriner Zoo kann das Jahr 2019 bislang als ein erfolgreiches verbuchen. Dazu Zoodirektor Dr. Tim Schikora: „Mit einem Anstieg der Besucherzahlen um mehr als 13 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum steuert der Zoo Schwerin auf ein Rekordergebnis zu. Das ist im Wesentlichen auf die kontinuierliche Weiterentwicklung und Steigerung des Besuchererlebnisses zurückzuführen, was uns insbesondere dank der konsequenten Unterstützung des Wirtschaftsministeriums und der EU ermöglicht wird.“
Abschließend äußerte sich Wolfgang Waldmüller zu den tourismuspolitischen Rahmenbedingungen im Land: „Wir sind froh, dass die Landestourismuskonzeption mit dem Umsetzungsmanagement im Wirtschaftsministerium und der ressortübergreifenden Steuerungsgruppe in die Praxis kommt. Die drängenden Fragen der Finanzierung des Tourismus, der Verbesserung der Infrastruktur, der Gestaltung von Kurtaxe und Tourismusabgabe, der Mobilität und der Nachhaltigkeit müssen vereint und mit aller Kraft angegangen werden. Mecklenburg-Vorpommern sollte sich landespolitisch das qualitative Ziel geben, eine der innovativsten Tourismusregionen Deutschlands zu werden.“ Mit dem Deutschen Tourismustag am 20. und 21. November 2019 in Rostock und dem Germany Travel Mart vom 10. bis 12. Mai 2020 seien die nächsten Wegmarken gesetzt.