Mehr Telekommunikationsüberwachung für Fälle besonders schwerer Steuerkriminalität wäre wichtiges Signal für noch mehr Steuergerechtigkeit.
„Die Aufarbeitung der Panama Papers kommt Tag für Tag voran. In den vergangenen Monaten wurden täglich mehrere hundert Dokumente von unserem Auswertungsteam in Kassel an Steuerbehörden im In- und Ausland weitergegeben. Insgesamt wurden schon über 350.000 Dokumente zu fast 1.700 Offshore-Firmen gerichtsverwertbar versandt. Ich hoffe, dass die Ermittler damit weltweit Steuerkriminelle stellen können“, sagte Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer in Berlin. Dort gab er am Mittwochabend zusammen mit einem Experten der Hessischen Steuerverwaltung einen Einblick in die Arbeit zur Auswertung der Panama Papers und weiterer Leaks.
Dichtes Netz im Kampf gegen Steuerkriminalität
„Wir knüpfen von Hessen aus ein dichtes Netz im Kampf gegen Steuerkriminalität, das immer engmaschiger wird. Ich hoffe sehr, dass sich darin immer mehr Steuerkriminelle verfangen. Die Auswertung der Panama Papers und weiterer Leaks, die wir in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt federführend für die Steuerverwaltungen der anderen Bundesländer übernommen haben, führt zur noch engeren Kooperation deutscher und internationaler Behörden. Im Netz engagierter Ermittler und Fahnder bildet die Hessische Steuerverwaltung einen zentralen Knotenpunkt. Das ist ein Grund, stolz auf und dankbar für den Einsatz und die Kompetenz unserer Kolleginnen und Kollegen zu sein“, sagte Schäfer.
Hessen hat sich mit über 300.000 Euro am Ankauf der Panama Papers durch das Bundeskriminalamt beteiligt. Zur Auswertung wurde auf Seiten der Steuerverwaltung im Finanzamt Kassel II-Hofgeismar eine Ermittlungsgruppe gegründet, in der acht Beschäftigte arbeiten. Ihre Aufgabe ist es, die Panama Papers in akribischer Kleinarbeit nach inländischen und ausländischen wirtschaftlichen Berechtigten zu durchsuchen und entsprechende Fälle an die örtlich zuständigen Finanzbehörden im In- und Ausland abzugeben, die die weitere Prüfung über die steuerliche Erfassung eigenständig durchführen. Die Hessische Steuerverwaltung sichtet die Datensätze und liefert sie aktiv wie auf Nachfrage an die zuständigen Steuerbehörden.
Panama Papers sind das größte Daten-Leak
„Die Panama Papers sind das größte Daten-Leak, das bisher von einer Steuerverwaltung ausgewertet wird. 3,2 Terabyte an Daten liegen vor. Es handelt sich dabei um fast 49 Millionen Dokumente, die mal nur einzelne, aber durchaus auch mehrere hundert Seiten umfassen“, sagte Finanzminister Schäfer. „Die Auswertung ist äußerst komplex und erfordert akribische Aufklärungsarbeit. Aufklärungsarbeit, die im Sinne der Steuergerechtigkeit absolut notwendig, aber zugleich mühsam und langwierig ist.“
Die Aufarbeitung des vorliegenden umfangreichen Datenmaterials der Panama Papers dauert in Hessen, den anderen Bundesländern und weltweit weiterhin an. Mit schnellen Ergebnissen ist in den seltensten Fällen zu rechnen. Bei jeder Datenabgabe werden die Empfängerbehörden gebeten, die Ergebnisse der weiteren Ermittlungen zu melden. Aus den daraufhin in Hessen eingegangenen Rückmeldungen ergibt sich bundesweit bislang folgendes Bild:
- Steuerliches Mehrergebnis: über 4,3 Millionen Euro.
- In rund 150 Fällen wurden Steuerstrafverfahren eingeleitet oder bereits laufende Verfahren durch aus den Panama Papers neu gewonnene Erkenntnisse unterstützt.
Eine Pflicht zur Rückmeldung der Daten an das Auswertungsteam in Kassel besteht nicht. Daher und da die Ermittlungen meist äußerst komplex und langwierig sind, sind diese Ergebnisse als Momentaufnahme zu betrachten.
In Hessen ist das steuerliche Mehrergebnis aus der Auswertung der Panama Papers bisher auf rund 420.000 Euro gestiegen. 10 Strafverfahren wurden eingeleitet. Da die steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Ermittlungen noch andauern und aufgrund der Komplexität auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden, wird das steuerliche Mehrergebnis aller Voraussicht nach weiter steigen.
Hessen möchte Steuerfahndung mehr Befugnisse einräumen
„Die Auswertung der Panama Papers und weiterer Leaks führt Ermittler und Behörden in Deutschland und weltweit enger zusammen. Davon werden wir in den kommenden Jahren im Kampf gegen Steuerkriminalität profitieren. Wir müssen unseren Ermittlerinnen und Ermittlern aber auch mehr Möglichkeiten geben“, sagte Schäfer. „Steuerkriminelle müssen wir mit allen Mitteln des Rechtsstaats verfolgen. Dazu gehört auch die Überwachung ihrer Kommunikation. Hessen macht sich daher für den Einsatz von Telekommunikationsüberwachung zur Aufklärung aller Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung stark. Die Länderfinanzministerinnen und Länderfinanzminister, also die Expertinnen und Experten im Kampf gegen Steuerkriminalität, haben uns darin mit großer Mehrheit unterstützt. Dies ist ein klares Zeichen, dass wir gemeinsam noch mehr Steuergerechtigkeit erreichen möchten. Ich bedauere es sehr, dass am Ende die Landesregierungen im Bundesrat mehrheitlich nicht der Empfehlung des Finanzausschusses und des Rechtsausschusses gefolgt sind. Damit wurde ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Steuerkriminalität vertan.“
Schäfer weiter: „Fakt ist: Die bisherige Begrenzung der Überwachungsmöglichkeiten ist angesichts der Mobilität und Organisationsstruktur der Gegenseite nicht mehr zeitgemäß. Hessen wird sich auch weiterhin für die Stärkung der Befugnisse der Steuerfahndung einsetzen.“