Start Finanzen Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel: Chancen und Risiken von Investitionen in Algotrading

Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel: Chancen und Risiken von Investitionen in Algotrading

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Redaktion: Herr Högel, Algotrading und Investitionen in algorithmische Handelstechnologien wie die von 123 Invest klingen spannend. Was halten Sie aus Anlegersicht von solchen Angeboten?

Maurice Högel: Algorithmischer Handel ist ohne Frage ein spannendes Feld mit hohem Wachstumspotenzial. Die Versprechen solcher Unternehmen, von modernster Technologie und hohen Renditen zu profitieren, klingen verlockend. Doch Anleger sollten bei solchen Angeboten besonders kritisch hinschauen. Gerade wenn es um Finanzprodukte geht, die komplex und risikobehaftet sind, ist Vorsicht geboten.

Redaktion: Worauf sollten Anleger bei Angeboten wie der Anleihe „123 Invest Performance V (Dual-Tranche)“ besonders achten?

Maurice Högel: Anleger sollten sich vor allem mit der Emittentin, also dem Unternehmen, beschäftigen. Wie solide ist die wirtschaftliche Basis, und wie transparent arbeitet das Unternehmen? Bei 123 Invest fällt auf, dass die letzte im Unternehmensregister hinterlegte Bilanz aus dem Jahr 2020 stammt. Seitdem wurden offenbar keine weiteren Abschlüsse rechtzeitig hinterlegt, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist.

Das ist ein Warnsignal, da Bilanzen eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens sind. Ein Unternehmen, das diesen Verpflichtungen nicht nachkommt, sollte bei potenziellen Anlegern Fragen aufwerfen: Gibt es wirtschaftliche Schwierigkeiten, oder wird die Transparenz bewusst vernachlässigt?

Redaktion: Die angebotenen Renditen von 6,00 % bis 6,50 % erscheinen attraktiv. Wie bewerten Sie diese im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten?

Maurice Högel: Solche Renditen sind in der derzeitigen Niedrigzinsphase durchaus attraktiv. Aber Anleger sollten sich bewusst sein, dass hohe Renditen oft mit hohen Risiken einhergehen. Die angebotenen Zinsen spiegeln nicht nur die erwartete Performance des Unternehmens wider, sondern auch das Risiko, das die Anleger tragen.

Die Tatsache, dass keine aktuellen Bilanzen veröffentlicht wurden, erhöht dieses Risiko. Es wird für Anleger schwierig, die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens einzuschätzen, und das könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass Investoren ihr Kapital verlieren.

Redaktion: Das Angebot spricht von „Teilnahme an einem etablierten IT-Unternehmen“. Wie bewerten Sie diese Aussage?

Maurice Högel: Begriffe wie „etabliert“ oder „innovativ“ klingen gut, sind aber wenig konkret. Tatsächlich ist 123 Invest seit 2011 am Markt, doch die fehlende Transparenz bei den Bilanzen trübt dieses Bild. Ein etabliertes Unternehmen sollte seinen gesetzlichen Pflichten nachkommen und vertrauenswürdige Informationen bereitstellen. Ohne diese Grundlage bleiben solche Aussagen Marketingfloskeln.

Redaktion: Was können Anleger tun, um sich vor potenziellen Verlusten zu schützen?

Maurice Högel: Mein erster Rat ist: Prüfen Sie die verfügbaren Informationen kritisch. Wenn grundlegende Unterlagen wie aktuelle Bilanzen fehlen, ist das ein Alarmsignal. Zudem sollten Anleger solche Angebote nur dann in Betracht ziehen, wenn sie bereit sind, das investierte Geld im schlimmsten Fall zu verlieren. Es ist auch sinnvoll, eine unabhängige Finanzberatung in Anspruch zu nehmen, um das Risiko besser einschätzen zu können.

Redaktion: Wie schätzen Sie die Regulierung solcher Anleihen ein?

Maurice Högel: In Deutschland unterliegen Anleihen bestimmten regulatorischen Vorgaben, etwa der Erstellung eines Wertpapierprospekts, der von der BaFin genehmigt werden muss. Doch diese Genehmigung bedeutet nicht, dass die Anlage sicher ist – sie garantiert lediglich, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden. Die fehlende Bilanzveröffentlichung bei 123 Invest zeigt, dass auch solche Unternehmen nicht immer alle gesetzlichen Anforderungen einhalten.

Redaktion: Was ist Ihr abschließender Rat an interessierte Anleger?

Maurice Högel: Anleger sollten sich nicht von hohen Renditeversprechen blenden lassen. Unternehmen wie 123 Invest, die ihre gesetzlichen Pflichten zur Hinterlegung von Bilanzen nicht erfüllen, sollten mit Vorsicht betrachtet werden. Mein Rat: Sehen Sie solche Investitionen als hochriskant an und investieren Sie nur Geld, das Sie notfalls entbehren können. Es gibt genügend alternative Anlagemöglichkeiten mit klareren und transparenteren Rahmenbedingungen.

Redaktion: Vielen Dank, Herr Högel, für Ihre klaren Einschätzungen!

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