Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln hat mit Urteil vom 15.02.2019 einen Freispruch des Landgerichts Köln betreffend eine Protestaktion im Kölner Hauptbahnhof aufgehoben.
Die aus Süddeutschland bzw. Hessen stammenden Angeklagten (21, 26, 27 Jahre) waren über eine „Empore“ in die Dachkonstruktion des Bahnhofsgebäudes geklettert und hatten an der Innenfassade in etwa 30 m Höhe ein 10m x 4m großes Banner, dessen Aufschrift gegen „TTIP/CETA“ gerichtet war, befestigt. Zudem hatten sie sich selbst in Höhe des Banners über die Gleisanlagen gehängt. Um eine Gefährdung der Angeklagten sowie der Passanten zu verhindern, musste der Bahnbetrieb auf den betroffenen Gleisen zeitweise eingestellt werden.
Das Amtsgericht Köln hatte die Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Hausfriedensbruchs zu Geldstrafen verurteilt. Auf die Berufung hat das Landgericht Köln die Angeklagten freigesprochen. Voraussetzung für den strafrechtlichen Tatbestand des Hausfriedensbruchs sei, dass der Angeklagte in einen „abgeschlossenen Raum“ oder in ein „befriedetes Besitztum“ eindringe. Beides sei bei der „Empore“ im Kölner Hauptbahnhof nicht der Fall gewesen.
Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat den Freispruch aufgehoben und die Sache an das Landgericht Köln zurückverwiesen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass auch das Erklettern der „Empore“ rechtlich als Hausfriedensbruch gewertet werden könne. Die beiden einzigen Zugänge zu der Empore seien Leitern gewesen, die mit Platten gegen unbefugtes Betreten gesichert und die dem Wartungspersonal vorbehalten gewesen seien. Die Empore sei damit ein lückenlos gegen das Betreten durch Unbefugte gesichertes „befriedetes Besitztum“. Dass der Hauptbahnhof selbst der Allgemeinheit offen stehe, ändere daran nichts. Hausfriedensbruch sei schließlich auch bei anderen Objekten innerhalb des Kölner Hauptbahnhofs wie etwa bei den dort ansässigen Geschäften möglich.
Schließlich habe das Landgericht nicht gewürdigt, dass das Betreten der Bahnanlage außerhalb des allgemeinen Verkehrsgebrauchs auch als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße belegt werden könne (§ 64b Abs. 2 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung).
Die Entscheidung ist rechtskräftig. Das Urteil ist im anonymisierten Volltext unter www.nrwe.de verfügbar. Die Entscheidung finden Sie hier .
Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 15.02.2019 – Az. 1 RVs 227-233-234/18.
§ 123 Abs. 1 Strafgesetzbuch lautet:
Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt,
oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.