Hessens Wirtschafts- und Wohnungsbauminister Tarek Al-Wazir will den Wohnungsbau im Rhein-Main-Raum verstärkt an den Haltestellen des regionalen Schienenverkehrs ausrichten. In einer Regierungserklärung im Hessischen Landtag stellte Al-Wazir am Montag den „Großen Frankfurter Bogen“ vor, der einen Radius von 30 Zugminuten um den Frankfurter Hauptbahnhof einschließt und Flächenpotenziale in der Größenordnung von 200.000 Wohnungen beinhaltet: „Das ist eine akzeptable Entfernung für den Weg zur Arbeit, ins Kino oder ins Konzert. Man wohnt bezahlbar und hat alle Vorteile der Großstadt in Reichweite. Ich nenne dieses Gebiet den Großen Frankfurter Bogen.“
Wie der Minister erläuterte, lässt sich fast die Hälfte des Potenzials durch Schließen von Baulücken und Nutzung von Brachen realisieren, so dass der Flächenverbrauch begrenzt bleibt. Die gute Schienenanbindung biete den Bewohnern eine attraktive Alternative zum Auto: „Der Große Frankfurter Bogen schafft den Raum, den wir brauchen, damit jeder, der in Frankfurt-Rhein-Main arbeitet, hier auch guten bezahlbaren Wohnraum finden kann. Er ist die Antwort auf die vielfältigen und oft konträren Herausforderungen der Region: Zuzug, Verkehr, Flächenverbrauch.“
Wohnen sei eine Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts, sagte Al-Wazir. Die Landesregierung werde alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen: „Ich werde mich mit der Mietexplosion nicht abfinden. Wir werden nicht zulassen, dass Wohnen die Gesellschaft spaltet. Wir werden die Rechte der Mieter stärken, wir werden selbst Wohnungen bauen, und wir werden dafür sorgen, dass Baulücken geschlossen werden und mehr Bauland ausgewiesen wird.“
Die Maßnahmen im Einzelnen:
- Hessen wird bis 2024 rund 2,2 Mrd. Euro für den Wohnungsbau bereitstellen. „Noch nie gab es in Hessen mehr Geld für Wohnen“, sagte der Minister. „Rechnerisch reicht das für mehr als 20.000 neue Sozialwohnungen, also ein Zuhause für gut 60.000 Menschen, die auf dem freien Markt kaum etwas finden.“
- 10 Mio. Euro pro Jahr stehen bereit, um auslaufende Sozialbindungen von Wohnungen zu verlängern – mehr als doppelt so viel wie bisher: „Wir wollen in dieser Legislaturperiode den rückläufigen Trend bei Sozialwohnungen stoppen und sogar umkehren“, sagte Al-Wazir.
- Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Nassauische Heimstätte wird ihren Bestand perspektivisch um 15.000 auf 75.000 Wohnungen erhöhen und eine soziale Preispolitik betreiben. „Für die ersten 5000 davon sind die Grundstücke schon gekauft, zum Teil wird schon gebaut. Noch in diesem Jahr ziehen die ersten Mieter ein“, sagte Al-Wazir.
- Wer ein Eigenheim baut oder erwirbt, bekommt mehr Förderung: Die Maximalbeträge für Hessen-Darlehen und Hessen-Baudarlehen werden erhöht, die Zinsen wurden nochmals gesenkt.
- Die Mietpreisbremse wird von Juli an in 31 statt bisher 16 Kommunen gelten. Sie begrenzt den Anstieg bei Neuvermietungen.
- In Orten mit angespanntem Wohnungsmarkt dürfen auch Bestandsmieten maximal um 15 Prozent in drei Jahren erhöht werden. Mieter erhalten dort zudem einen längeren besonderen Kündigungsschutz beim Verkauf ihrer Wohnung.
- Spekulation mit Leerstand wird unattraktiv gemacht: In Kommunen mit besonders begehrten Gebieten wird die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen künftig einer Genehmigung bedürfen.
- Um mehr Markttransparenz zu schaffen, legt das Land ein Förderprogramm für qualifizierte Mietspiegel auf.
- Kommunen werden bei der Entwicklung von lebenswerten Baugebieten unterstützt. Für Investitionen in die erforderliche Infrastruktur wie Kindergärten, Sportplätze und Grünflächen stehen in der Metropolregion Rhein-Main 35 Mio. Euro bereit.
- Die Städtebauförderung – derzeit rund 100 Mio. Euro – im Jahr wird verstärkt auf Innenentwicklung und Wohnen ausgerichtet.
- Als Planungshilfe für die Kommunen wird Hessen ein landesweites Kataster für Brachflächen und Baulücken einrichten.
Al-Wazir machte deutlich, dass Hessens Wohnungspolitik einem ganzheitlichen Ansatz folgt: „Auch jede neue oder reaktivierte Schienenstrecke, jede neue Buslinie, jede Raddirektverbindung ist ein Beitrag zur Normalisierung des Wohnungsmarkts. Die flächendeckende Breitbandversorgung, die Verlagerung von Verwaltungsarbeitsplätzen und generell die Förderung des ländlichen Raums machen auch das Wohnen abseits der Ballungsräume wieder attraktiver.“