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Bundesgerichtshof zum Eigenkapitalzinssatz für Gas- und Elektrizitätsnetze

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Nr.94 /2019

Beschlüsse vom 9. Juli 2019 – EnVR 41/18 und EnVR 52/18

Der Bundesgerichtshof hat Rechtsmittel der Betreiberin eines Gas- und eines Elektrizitätsnetzes gegen die Festlegung des Zinssatzes für Eigenkapital in der dritten Regulierungsperiode zurückgewiesen.

Sachverhalt: Lieferanten von Gas und Elektrizität müssen an die Betreiber der von ihnen genutzten Netze ein Entgelt bezahlen. Der Gesamtbetrag dieser Entgelte darf eine bestimmte Obergrenze nicht überschreiten. Diese Erlösobergrenze setzen die Bundesnetzagentur und die Landesregulierungsbehörden für jeden in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Netzbetreiber jeweils für einen bestimmten Zeitraum – die so genannte Regulierungsperiode – im Voraus fest. Bei der Berechnung der Obergrenze ist unter anderem eine angemessene Verzinsung des vom Netzbetreiber eingesetzten Eigenkapitals zu gewährleisten. Den maßgeblichen Zinssatz legt die Bundesnetzagentur für jede Regulierungsperiode gesondert fest. Für die erste Regulierungsperiode lag er bei 9,29% für Neuanlagen und bei 7,56% für Altanlagen, für die zweite Regulierungsperiode bei 9,05% bzw. 7,14%.

Für die dritte Regulierungsperiode (Gas: 2018 bis 2022; Strom: 2019 bis 2023) hat die Bundesnetzagentur den Zinssatz auf 6,91% für Neuanlagen und 5,12% für Altanlagen festgelegt. Dagegen haben zahlreiche Netzbetreiber Beschwerde erhoben.

Bisheriger Prozessverlauf: Das für die Beschwerden zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf hat den Beschluss der Bundesnetzagentur aufgehoben. Es hat die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur im Ansatz zwar als rechtmäßig angesehen. Als methodisch fehlerhaft hat das Oberlandesgericht aber beanstandet, dass die Bundesnetzagentur einen für die Bestimmung des Zinssatzes maßgeblichen Faktor – die so genannte Marktrisikoprämie – allein aus historischen Daten abgeleitet hat, ohne die Sondersituation des gegenwärtigen Marktumfelds zu berücksichtigen und eine um alternative Ansätze ergänzte Würdigung und Plausibilitätskontrolle durchzuführen.

Als prägend für dieses Marktumfeld hat das Oberlandesgericht insbesondere eine hohe Volatilität der Aktienmärkte, ein historisch niedriges Zinsniveau und eine ungewöhnlich hohe Differenz zwischen den Zinssätzen für Interbankengeschäfte und Staatsanleihen angesehen.

Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts haben sowohl die Bundesnetzagentur als auch die betroffene Netzbetreiberin Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt. Der Bundesgerichtshof hat in der Sache, die in zwei getrennten Verfahren (jeweils eines für Gas und für Elektrizität) geführt wird, am 9. April 2019 mündlich verhandelt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

In seinen am 9. Juli 2019 verkündeten Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof die Rechtsbeschwerde der Netzbetreiberin, die eine ihr noch günstigere Beurteilung anstrebte, zurückgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur hat er die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben und die Festlegung der Bundesnetzagentur bestätigt.

Der Bundesgerichtshof hat seine zu früheren Regulierungsperioden ergangene Rechtsprechung bekräftigt, wonach der Bundesnetzagentur bei der Bestimmung des Zinssatzes, insbesondere bei der Wahl der dafür herangezogenen Methoden, in einzelnen Beziehungen ein Beurteilungsspielraum zusteht. Er ist dem Oberlandesgericht darin beigetreten, dass die von der Bundesnetzagentur gewählte Methode bei Anlegung dieses Maßstabs im Ausgangspunkt rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Abweichend vom Oberlandesgericht ist der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bundesnetzagentur aus Rechtsgründen nicht verpflichtet war, diese Methode im Hinblick auf historische Besonderheiten am Kapitalmarkt zu modifizieren oder den ermittelten Zinssatz einer ergänzenden Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Die Einschätzung des Oberlandesgerichts, dass die für den in Rede stehenden Zeitraum maßgebliche Situation sich als historisch einmalig darstellt, hält zwar der rechtlichen Überprüfung für sich gesehen stand. Aus den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Bundesnetzagentur gewählte Methode als solche nicht geeignet ist, diesen Besonderheiten angemessen Rechnung zu tragen, und deshalb eine zusätzliche Plausibilisierung geboten ist.

Vorinstanzen:

OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 22. März 2018 – 3 Kart 1061/16 und 3 Kart 1062/16

Bundesnetzagentur, Beschlüsse vom 5. Oktober 2016  BK4-16-160 und BK4-16-161

Karlsruhe, den 9. Juli 2019

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