Kleine und mittlere Banken sind der wichtigste Finanzierungspartner des Mittelstandes und kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland. Durch neue Eigenkapitalregeln, die auf EU-Ebene beschlossen werden sollen, könnten diese Banken zukünftig nicht mehr wie bisher als Finanzierer zur Verfügung stehen.
Die zunehmende Bankenregulierung in der EU lässt die Finanzierung des Mittelstandes für die Banken unattraktiver werden. „Die neuen Eigenkapitalregeln, auch Basel III final genannt, stehen vor der Tür und sollen bis 2022 in der EU umgesetzt werden. Hessen und Baden-Württemberg bringen deshalb einen gemeinsamen Entschließungsantrag in den Bundesrat ein. Darin werden die Bundesregierung und die Europäische Kommission aufgefordert, die Bankenregulierung zielgenau zu verbessern. Im Fokus sollen kleine und mittlere Banken und der Nutzen für die mittelständische Wirtschaft stehen.“ Das gaben Finanzministerin Edith Sitzmann und ihr hessischer Amtskollege, Finanzminister Dr. Thomas Schäfer bekannt. Der Antrag soll am Freitag in den Bundesrat eingebracht werden.
„Der Mittelstand ist das Rückgrat der heimischen Wirtschaft. Dieses Rückgrat ist aber nur solange stabil, wie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) über eine ausreichende Liquidität für ihre Investitionen verfügen. Es war bislang immer die Stärke der Banken, insbesondere von Genossenschaftsbanken und Sparkassen, dass sie dem Mittelstand in der Regel passgenaue Finanzierungen anbieten konnten. Doch der massive, kontinuierliche Anstieg an regulatorischen Vorgaben in den letzten Jahren lässt die Mittelstandsfinanzierung für die Banken immer weniger rentabel werden. Dies gilt besonders für kleine und mittlere Banken. Deshalb fordern wir deutliche Nachbesserungen im Bereich der Bankenregulierung. Ein „weiter so“ darf es nicht geben!“, erklärte Dr. Thomas Schäfer.
Neue Eigenkapitalregeln ergeben ein hohes Risiko
„Vor allem kleinere und mittlere Banken wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben in der Finanzkrise den Mittelstand weiter mit Krediten versorgt. Damit wurde die Finanzstabilität maßgeblich mit gewährleistet. Wir wollen die kleinen Banken von Kosten der Regulierung entlasten und so die Kreditversorgung unserer Wirtschaft verbessern. So können wir die wirtschaftliche Dynamik verbessern ohne die Finanzmarktstabilität zu gefährden“, sagte Sitzmann. „Wenn die neuen Eigenkapitalregeln wie geplant auf EU-Ebene beschlossen werden, geht die Politik ein hohes Risiko ein, dass Banken zukünftig nicht mehr wie bisher als Finanzierer zur Verfügung stehen. Ausreichend alternative Finanzierungswege sind derzeit nicht in Sicht. Allein aus diesem Grund darf die Politik den Mittelstand und deren wichtigste Finanzierungspartner, die Banken, in dieser wichtigen Frage nicht im Stich lassen. “
Die Umsetzung von Basel III final dürfe nicht dazu führen, dass die Finanzierung des Mittelstands und der KMU generell erschwert und verteuert wird. Dr. Thomas Schäfer: „Derzeit können Banken bei Krediten an Unternehmen ihre Erfahrungen aus den oft langjährigen Kundenbeziehungen berücksichtigen. Dies soll nach den neuen Plänen zukünftig nicht mehr möglich sein. Im Gegenteil: Wer seine gute Bonität bei der Kreditvergabe berücksichtigt wissen will, braucht ein Rating einer Ratingagentur. Solche Ratings sind teuer und bilden trotzdem wegen der Spezifika des Mittelstands nicht unbedingt dessen Bonität ab. Das kann nicht im Interesse der heimischen Wirtschaft sein.“
„Die Notwendigkeit sicherer Banken ist unbestritten. Die Verfügbarkeit von Finanzierungen für die Wirtschaft ist es aber auch. Wir brauchen beides. Doch das geht nur mit Maß und Mitte – durch eine proportionale Bankenregulierung. Hierfür setzen sich Hessen und Baden-Württemberg gemeinsam ein. Eine eins-zu-eins-Umsetzung der neuen Basel-Vorhaben ginge an den Erfordernissen in der EU vorbei. Sie würde kleine und mittlere Banken deutlich belasten und damit die Finanzierung unseres heimischen Mittelstandes dauerhaft gefährden. Hier schauen wir nicht tatenlos zu. Gleiches erwarten wir in Deutschland von der Bundesregierung. Banken müssen auch zukünftig in der Lage sein ihre volkswirtschaftliche Funktion als Geldgeber für die Wirtschaft auszufüllen“, so Edith Sitzmann und Dr. Thomas Schäfer.
Die Basel-Reform
Anstoß für die Basel-Reform waren Schwächen der Bankenregulierung, die durch die Finanzkrise offengelegt wurden. Das Basel III Regelwerk umfasst die im Baseler Ausschuss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) infolge der Finanzkrise 2008 entwickelten Änderungen – wie zum Beispiel neue Vorgaben zur Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung – in den internationalen Standards der Bankenregulierung. Basel III final ist der Teil des Basel III-Regelwerks, den die EU noch nicht vollständig umgesetzt hat und bis 2022 in EU-Recht transformieren möchte.