Ministerin Carola Reimann: „Kinder dürfen kein Armutsrisiko darstellen.“
Niedersachsen hat heute seine Aktivitäten zur Einführung einer Kindergrundsicherung in Deutschland mit der Vorstellung eines Expertengutachtens untermauert. Gemeinsam mit Professorin Anne Lenze von der Hochschule Darmstadt zeigte Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann bei einer Pressekonferenz in Hannover auf, dass eine Kindergrundsicherung eingeführt und Kinderarmut nachhaltig bekämpft werden kann. Niedersachsen ist federführend in einer Länderinitiative, die die möglichen Wege zur Einführung einer Kindergrundsicherung prüft.
„Aktuell gilt in Niedersachsen fast jedes fünfte Kind als armutsbedroht. Es kann nicht sein, dass Kinder und Familie in unserem reichen Land ein Armutsrisiko darstellen“, sagte Dr. Carola Reimann bei der Vorstellung des Gutachtens: „Jedes Kind muss faire Startchancen bekommen. Das derzeit existierende Dickicht an familienbezogenen Leistungen ist für die Betroffenen schwer durchschaubar, die Unterstützung erreicht deshalb die Kinder zum Teil gar nicht. Mit der Kindergrundsicherung wollen wir eine möglichst einheitliche Förderung einführen, die allen Kindern gleiche oder vergleichbare Chancen ermöglicht. Das ist die Idee der Kindergrundsicherung. Ich will, dass alle Kinder faire Startchancen haben, auch die aus einkommensschwachen Familien.“
Das von Professorin Anne Lenze von der Hochschule Darmstadt erstellte Gutachten beleuchtet das bisherige System des Familienlastenausgleichs kritisch und zeigt Verbesserungsmöglichkeiten auf. Im Kern beschäftigt sich ihr Gutachten mit der Methodik, wie das Existenzminimum für Familien berechnet werden kann. Professorin Lenze erklärt: „Insbesondere im Bereich der sozialen Teilhabe müssen Kinder aus armen Familien auf vieles verzichten. Das Bildungs- und Teilhabepaket kommt bei den Kindern und Jugendlichen häufig nicht an. Die Ergebnisse der Kindheitsforschung legen nahe, dass damit die Ursache für neue Ungleichheiten gelegt wird.“
Anlass für die Erstellung des Gutachtens ist das Engagement des Landes Niedersachsen für die Einführung einer Kindergrundsicherung. Auf der Konferenz der Arbeits- und Sozialministerinnen und -minister im Dezember hatte Niedersachsen ein erstes Grobkonzept eingebracht und konnte die Mehrheit der Länder davon überzeugen, dass dieses gemeinsam detaillierter ausgearbeitet wird.
Stichwort Kindergrundsicherung
Eine Kindergrundsicherung soll das bisherige System des Familienlastenausgleichs ersetzen. Bisher gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher kindbezogener Leistungen, die nebeneinander existieren, zum Teil sogar widersprüchlich sind. Im Ergebnis führt dies dazu, dass nicht alle Kinder die gleichen Startchancen erhalten. Mit der Kindergrundsicherung soll eine möglichst einheitliche Förderung erreicht werden, die allen Kindern gleiche oder zumindest vergleichbare Teilhabemöglichkeiten bietet. Hierbei sollen die folgenden Leistungen zusammengeführt werden:
- § SGB II Regelleistungen für Kinder
- § Kindergeld
- § Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets
- § Kinderzuschlag.
Prof. Anne Lenze überprüft in ihrem Gutachten die bestehende Methodik zur Ermittlung des Existenzminimums im Rahmen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) kritisch und entwickelt Verbesserungsvorschläge. Im Zentrum steht dabei die angemessenere, d.h. bessere Berücksichtigung von Bildung und Teilhabe von Kindern.
Niedersachsen wird die Ausarbeitung des Konzepts der Konferenz der Arbeits- und Sozialministerinnen und -minister vorlegen. Sozialministerin Reimann: „Wir wollen einen starken Impuls geben, damit die Einführung einer Kindergrundsicherung gelingen kann. Immer mehr Initiativen, von Nichtregierungsorganisationen bis hin zu politischen Parteien, engagieren sich in der Diskussion um die Einführung einer Kindergrundsicherung. Dies zeigt, dass die Zeit reif wird, hier einen großen Schritt voran zu kommen – im Interesse unserer Kinder!“