Start Politik Lagebild Verfassungsschutz 2018: Verstärkte Ausbreitung rechter Hassparolen im Netz (SL)

Lagebild Verfassungsschutz 2018: Verstärkte Ausbreitung rechter Hassparolen im Netz (SL)

271

Es sind vor allem die Verbreitung rechtsextremistischer Parolen im Internet und die ständige Ausweitung der „Grenzen des noch Sagbaren“, die Innenminister Klaus Bouillon Sorgen bereiten.

„Durch eine veränderte Diskussionskultur scheinen sich allmählich bisher festgefügte Grenzen aufzulösen“, sagte der Minister bei der Vorstellung des „Lagebildes Verfassungsschutz 2018“. Diese Entwicklung mache rechtsextremistische Botschaften bei den mit der allgemeinen Entwicklung unzufriedenen Teilen der Bevölkerung salonfähig, so Klaus Bouillon weiter.

Gemeinsam mit Dr. Helmut Albert, dem Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Ministerium für Inneres, Bauen und Sport, stellte der Innenminister die Arbeitsschwerpunkte des Verfassungsschutzes für das Jahr 2018 vor. Das Hauptaugenmerk lag dabei neben dem Bereich Rechtsextremismus wie im vergangenen Jahr im Bereich „Islamismus/islamistischer Terrorismus“.

Bei den Rechtsextremisten im Saarland ist festzustellen, dass deren Anzahl stagniert und 2018 bei 310 Personen lag. Dabei ist die Szene durch lockere Initiativen und Events geprägt, organisierte Parteibasisarbeit findet kaum noch statt. Der Landesverband Saar der NPD ist von internen Streitigkeiten gezeichnet, die Zahl seiner Mitglieder sinkt stetig.

Die Flüchtlingspolitik hat für das öffentliche Versammlungsgeschehen der rechtsextremistischen Parteien weiter an Relevanz verloren. Insgesamt werden nur Kleinstkundgebungen und -aktionen festgestellt. Propaganda und Agitation gegen Flüchtlinge und Politiker, die für die „Flüchtlingskrise“ verantwortlich gemacht werden, werden vornehmlich über die Sozialen Medien verbreitet.

Zwar sanken die Straftaten mit rechtsextremistischer Motivation im Jahr 2018 um rund 5 Prozent auf 215, die rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten stiegen jedoch auf insgesamt 18 (2017: 15) an. Hierbei handelte es sich ausschließlich um situativ bedingte Körperverletzungsdelikte. Unter den ermittelten Tätern waren lediglich zwei hier bekannte Rechtsextremisten. Die übrigen Täter waren dem Verfassungsschutz zuvor nicht bekannt. Dies ist ein Indiz dafür, dass sich rechtsextremistisches Gedankengut nicht auf die vom Verfassungsschutz beobachtete Szene beschränkt, sondern sich weit in die Gesellschaft hinein erstreckt.

Nach Einschätzung von Dr. Helmut Albert wird diese Entwicklung vor allem durch die sozialen Medien begünstigt. „Propaganda, Hass und Fake-News in den sozialen Netzwerken werden von Rechtsextremisten gezielt genutzt, um Wahlen zu beeinflussen. Das Gefährliche an dieser Entwicklung ist jedoch, dass dadurch mittel- bis langfristig auch das Denken der Gesellschaft verändert werden kann“, erklärt Dr. Albert.

Die Anzahl der antisemitischen Straftaten hat sich im Jahr 2018 mit 29 mehr als verdoppelt (2017: 13). Eine denkbare Ursache dafür könnte in der verstärkten öffentlichen Wahrnehmung, der medialen Berichterstattung und daran anschließenden politischen Reaktionen liegen. Dies führt zum einen zu mehr Nachahmungstaten, zum anderen werden die Bürgerinnen und Bürger für die Thematik sensibilisiert und die Anzeigebereitschaft steigt.

Die Vermutung, für den Anstieg könnte die Aufnahme einer großen Anzahl Flüchtlinge aus dem muslimischen Kulturraum sein, lässt sich zumindest im Saarland mit Fakten nicht belegen: Unter den ermittelten Tätern fand sich kein einziger Flüchtling; alle Tatverdächtigen waren bis auf eine Ausnahme deutsche Staatsbürger.

Im Phänomenbereich Islamismus/islamistischer Terrorismus wurden auch 2018 erneut zahlreiche Verdachtsfälle bearbeitet. 50 neue Fälle kamen 2018 hinzu. Die Bearbeitung erfordert einen hohen personellen Aufwand, da die Fälle zunehmend komplexer werden. Die Qualität der Hinweise ist deutlich gestiegen, die wertigsten Hinweise kommen von ausländischen Nachrichtendiensten. Allen diesen Hinweisen wird in enger Abstimmung zwischen Verfassungsschutz und Landespolizeipräsidium nachgegangen.

Die Gesamtzahl der dem Phänomengebiet Islamismus zuzurechnenden Personen erhöhte sich 2018 von 300 auf 360. Ursache für diesen starken Anstieg ist die Anzahl der Personen, die dem salafistischen Spektrum zugerechnet werden können (250 auf 325). Zulauf bekommen die Salafisten vor allem von Jugendlichen und Heranwachsenden. Die Mehrheit der Salafisten im Saarland kann dem politischen Salafismus zugerechnet werden. Diese lehnen Gewalt zur Verbreitung ihrer Ideologie strikt ab. Eine Einflussnahme auf gesellschaftliche Prozesse wird bewusst vermieden.

Die linksextremistische Szene stagnierte 2018 bei etwa 350 Personen. Linksextremistische Parteien waren aufgrund stark rückläufiger Mitgliederzahlen kaum noch in der Öffentlichkeit wahrnehmbar. Bei der gewaltorientierten linksextremistischen Szene stand die Aufklärungsarbeit über „rechte Strukturen“ im Saarland im Vordergrund. Weitere Aktivitäten liegen in den zentralen Aktionsfeldern „Antifaschismus“, „Antirepression“, „Antimilitarismus“ und „Kurdistansolidarität“. Die Szene strebt nach wie vor nach eigenen Versammlungsräumlichkeiten.

Die Zahl der linksextremistisch motivierten Straftaten hat sich 2018 von 19 auf 8 mehr als halbiert. Erstmals seit Jahren gab es keine linksextremistisch motivierten Gewalttaten im Saarland.

Das Lagebild Verfassungsschutz 2018 steht unter https://www.saarland.de/116024.htm zum Download bereit.

 

Vorheriger ArtikelKein Mercosur-Abkommen zu Lasten von Klima und bäuerlicher Landwirtschaft (NI)
Nächster ArtikelDresdner Familienlauf geht in die 7. Runde (SN)