Im Rathaus der Hansestadt haben sich heute (2. Dezember) Opferschutzexperten aus fünf europäischen Staaten getroffen, um über Maßnahmen zur Unterstützung von Opfern von Straftaten zu diskutieren. Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Ministerien, Universitäten, Forschungsinstitute und Nichtregierungsorganisationen treffen sich im Rahmen des von der Europäischen Kommission geförderten Projekts „Pro.Vi. – Protecting Victims‘ Rights“ mit Fachkräften aus Staatsanwaltschaft, Gerichten und Opferunterstützungsdiensten. Ziel ist es, den Stand der Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie in den Mitgliedstaaten zu erheben und die prozessbeteiligten Berufsgruppen für die Rechte von Opfern in Strafverfahren weiter zu sensibilisieren. An dem Projekt mit zweijähriger Laufzeit nehmen Fachleute aus Italien, Rumänien, Spanien, Portugal und Deutschland teil. Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack begrüßte die Opferschutzexperten und sagte: „Die traditionelle Vorreiterrolle Schleswig-Holsteins auf dem Gebiet der psychosozialen Prozessbegleitung entspricht dem Wunsch der Landesregierung nach einer starken und gut funktionierenden Opferhilfe im Land. Ein System kann jedoch nur dann gut funktionieren, wenn es kontinuierlich fortentwickelt wird. Die Möglichkeit, dies im Rahmen des Projektes sowohl innerhalb Schleswig-Holsteins als auch mit Partnern aus anderen europäischen Ländern zu tun, ist eine große Chance
.“
In Deutschland liegt ein thematischer Schwerpunkt auf der psychosozialen Prozessbegleitung von Opfern von Straftaten, die in Gerichtsverfahren als Zeugen aussagen müssen. Minderjährige Opfer sowie Opfer von schweren Straftaten wie Sexualdelikten oder körperlicher Gewalt werden vor, während und nach der Gerichtsverhandlung unterstützt. So sollen Ängste und Anspannungen der Verletzten im Zusammenhang mit dem Strafverfahren verringert und erneute Opferbelastungen vermieden werden. Schleswig-Holstein gilt als Vorreiter auf dem Gebiet der psychosozialen Prozessbegleitung. 1996 finanzierte es als erstes Bundesland die Unterstützung Betroffener im Rahmen einer Zeugenbegleitung, als freiwillige Fördermaßnahme des Justizministeriums. Die psychosoziale Prozessbegleitung wurde 2015 durch das 3. Opferrechtsreformgesetz in die Bundesgesetzgebung eingeführt.
Die neuen bundesgesetzlichen Vorgaben ermöglichen nun auch Opfergruppen, die bislang nur bedingt Zugang zurpsychosozialen Prozessbegleitung hatten, einen kostenfreien Zugang zu den Angeboten – etwa Männern, die Opfer von Gewalttaten wurden. Über den Deliktkatalog des Bundesgesetzes hinaus wird die psychosoziale Prozessbegleitung in Schleswig-Holstein weiterhin auch für alle Opfer vonhäuslicher Gewalt und Stalking gefördert.
Im Rahmen des Projekts „Pro.Vi. – Protecting Victims‘ Rights“ führte der deutsche Projektpartner, das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands (CJD) Nord, Interviews mit Fachkräften und Betroffenen. Hierbei wurde die stabilisierende Wirkung der Prozessbegleitung für Kriminalitätsopfer deutlich. Die Begleitung erhöht die Zufriedenheit der Verletzten mit den gerichtlichen Abläufen sowie ihr Verständnis dafür und verbessert so auch ihre Aussagefähigkeit vor Gericht.