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Verbraucherschutzministerium weist food watch-Kritik zurück

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Die Initiatoren der Plattform „Topf Secret“ haben heute (22. Mai) in Berlin eine erste Bilanz der Aktion gezogen. Dabei wurde u.a. kritisiert, dass die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden in Schleswig-Holstein bei der Beantwortung der standardisierten Anträge nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) keine Kontrollberichte herausgeben. Das schleswig-holsteinische Verbraucherschutzministerium weist diese Kritik zurück und erklärt dazu: „Die zuständigen Behörden in Schleswig-Holstein haben bisher VIG-Anfragen von Privatpersonen grundsätzlich umfassend beantwortet und dabei auch detailliert und transparent über die Ergebnisse von lebensmittelrechtlichen Kontrollen informiert. An dieser Praxis wird sich auch zukünftig nichts ändern. Die abweichende Vorgehensweise bei der Beantwortung der über das Portal „Topf Secret“ gestellten standardisierten VIG-Anträgen ist in Zielrichtung und technischem Aufbau des Portals begründet, die eine Herausgabe von Kontrollergebnissen in diesem Fall verfassungswidrig machen würden. Wenn nämlich eine Behörde auf einen der über dieses Portal gestellten Anträge per E-Mail antwortet – wozu sie bei einer entsprechenden Bitte der Antragstellerinnen und Antragsteller durch das VIG verpflichtet ist -, wird der Inhalt der jeweiligen E-Mail automatisch im Internet auf dem Portal „Topf Secret“ veröffentlicht, ohne dass die Antragsteller hierauf in irgendeiner Weise Einfluss nehmen können. Anders als bei gewöhnlichen VIG-Anträgen würde das behördliche Handeln hier also unmittelbar und automatisch zu einer Veröffentlichung im Internet führen.“

Schleswig-Holsteins Verbraucherschutzministerin Sabine Sütterlin-Waack hatte den Initiatoren der Plattform „Topf Secret“ ihre Rechtsauffassung bereits bei einem persönlichen Gespräch im März 2019 erläutert und erklärte: „Ich kann absolut nachvollziehen, dass die Beantwortung der Topf-Secret-Anträge durch unsere Behörden für die Verbraucherinnen und Verbraucher unbefriedigend ist. Wir brauchen unbedingt mehr Transparenz, müssen aber auch die Grundrechte der Unternehmen im Blick behalten. Deshalb werbe ich u.a. bei der Verbraucherschutzministerkonferenz morgen und übermorgen in Mainz für ein Bundesgesetz, das obligatorisch eine vollständige, differenzierte und leicht zugängliche Transparenz im gesundheitlichen Verbraucherschutz schafft, ohne Lebensmittelunternehmen an den Pranger zu stellen. Dies sind auch die Eckpunkte unseres landesrechtlichen Pottkieker-Gesetzes, das wir in diesen Tagen auf den Weg gebracht haben“, so die Ministerin.

Hintergrund

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss vom 21. März 2018 (Az. 1 BvF 1/13) festgestellt, dass staatliche Veröffentlichungen von lebensmittelrechtlichen Verstößen im Hinblick auf die grundgesetzlich geschützten Rechte der betroffenen Betriebe nur dann verfassungsgemäß sind, wenn sie Verstöße von hinreichendem Gewicht betreffen und darüber hinaus zeitlich begrenzt sind. Für die Auswirkungen auf die geschützte Rechtsposition der Betriebe ist es aber unerheblich, ob der Staat die Veröffentlichung auf einer eigenen Homepage vornimmt oder sie automatisch und unmittelbar auf der Plattform eines Dritten bewirkt. Auch Letzteres muss sich an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts messen lassen. Denn die Veröffentlichung auf dem Portal „Topf Secret“ ist in quantitativer und qualitativer Hinsicht einer Veröffentlichung auf einer staatlichen Homepage zumindest gleichzustellen. Da sie zudem weder zeitlich begrenzt wäre noch nach der Art etwaiger Verstöße differenzierend erfolgen würde, steht ihr vorliegend die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entgegen.

Die Rechtsauffassung des schleswig-holsteinischen Verbraucherschutzministeriums wird durch mehrere Entscheidungen von Verwaltungsgerichten (VG) gestützt, die sich bisher im Rahmen von Eilverfahren mit den Topf-Secret-Anfragen befasst haben (weil die angefragten Unternehmen als Drittbetroffene einstweiligen Rechtsschutz gegen die Veröffentlichung von Kontrollberichten gesucht haben). So vom VG Regensburg, VG Würzburg, VG Sigmaringen, VG Stade und vom VG Köln.

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