Verhandlung wegen Vorwurfs der Beihilfe zur Steuerhinterziehung: Kassenhersteller soll Restaurantbetreibern Manipulationen ermöglicht haben
OSNABRÜCK. Die 2. Große Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts Osnabrück verhandelt ab Dienstag, dem 26. März 2019, um 09.00 Uhr in Saal 6 des Landgerichts (Saalzentrum) wegen des Vorwurfs der gewerbsmäßigen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zur Fälschung technischer Aufzeichnungen gegen zwei Angeklagte. Den Angeklagten wird vorgeworfen, seit 2012 an meist chinesische Restaurants in Deutschland Kassensysteme geliefert zu haben. Diese sollen eine von einem der Angeklagten programmierte und laufend überarbeitete spezielle Programmdatei beinhaltet haben. Mit deren Hilfe soll es möglich gewesen sein, im laufenden Betrieb die über den Tag eingegebenen Umsätze nachträglich zu manipulieren. Dabei soll das System laut Anklagevorwurf verschiedene Optionen umfasst haben, auf welche Art und Weise die Umsätze im Einzelnen manipuliert werden sollten. Die entsprechende Voreinstellung sollen die Angeklagten, die allein auf den entsprechenden Programmcode Zugriff gehabt haben sollen, jeweils nach Kundenwunsch eingerichtet haben. Den Kunden, d.h. den jeweiligen Restaurantbetreibern, soll es dann möglich gewesen sein, die voreingestellte Art der Manipulation eigenständig mittels eines Codes oder eines speziellen USB-Sticks auszulösen. Nach erfolgter Manipulation soll das System die zu löschenden Datensätze rückstandslos beseitigt und die verbliebenen Umsatzdaten angepasst haben. Dadurch soll im Ergebnis in den Kassendaten selbst kein Hinweis mehr auf die Manipulation erkennbar gewesen sein. Programmierung und Vertrieb des Kassensystems sollen über eine Gesellschaft mit Sitz in Gelsenkirchen erfolgt sein, deren Geschäftsführer der eine Angeklagte war. Der andere Angeklagte soll dort ab 2016 angestellt gewesen sein. Die Angeklagten sollen dabei arbeitsteilig zusammengewirkt haben. Einer der Angeklagten soll vor allem für die Programmierung verantwortlich gewesen sein, der andere für den Kundenkontakt, der auch eine laufende Betreuung umfasst haben soll. Beide Angeklagten sollen das System zudem gemeinsam bei den jeweiligen Abnehmern eingerichtet haben. Bei der Gesellschaft in Gelsenkirchen soll eine insgesamt vierstellige Zahl an Kundenkontakten in Deutschland und dem benachbarten Ausland vermerkt gewesen sein. Konkreter Gegenstand der Anklage vor dem Landgericht Osnabrück sind acht Fälle. In diesen soll das betroffene Kassensystem an Restaurantbetreiber in Niedersachsen mit Standorten in Osnabrück, Neuenhaus, Meppen, Papenburg, Cloppenburg, Lohne (Oldenburg), Wardenburg, Wilhelmshaven und Adendorf geliefert worden sein. Die Abnehmer sollen in diesen acht Fällen durch die Nutzung des Systems Umsatz-, Gewerbe- und Einkommenssteuer in einem Gesamtumfang von rund EUR 6,0 Mio. hinterzogen haben. Am kommenden Dienstag wird zum Prozessauftakt die Anklage verlesen werden. Die Angeklagten werden die Möglichkeit haben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Geladen sind für den ersten Prozesstag weiter ein Zeuge und ein Dolmetscher. Es ist eine Vielzahl von Fortsetzungsterminen bis mindestens Ende Oktober 2019 vorgesehen. Interessierte Medienvertreter dürfen vor Beginn der Verhandlung für 15 Minuten im Saal 6 des Landgerichts filmen und fotografieren. Das Gericht darf bei seinem Einzug gefilmt und fotografiert werden. Abbildungen der Angeklagten sind mittels geeigneter technischer Maßnahmen zu anonymisieren („pixeln“). Bild- und Tonaufnahmen nach der Verhandlung und außerhalb des Verhandlungssaales sind nur nach Erteilung einer Foto- oder Drehgenehmigung durch den Pressesprecher gestattet. Vor der Sitzung steht der Pressesprecher des Landgerichts im Sitzungssaal für Auskünfte zur Verfügung. Zur Erleichterung der organisatorischen Planung werden die interessierten Medienvertreter höflich gebeten, vorab dem Pressesprecher des Landgerichts – auf freiwilliger Basis – ihr Teilnahmeinteresse zu signalisieren.